Lukas Rietzschel

Lukas Rietzschel mag den meisten bisher nur als erfolgreicher ostdeutscher Autor der Nachwendeliteratur bekannt sein. Doch er ist auch Maler und seine imposanten Ölgemälde zeugen von großem künstlerischen Geschick und Feinsinn für das Alltägliche. Er erfasst in bizarr anmutenden Positionen die Trostlosigkeit der menschlichen Existenz, ihre Überreste und Artefakte, die an einstige Sehnsüchte und Ideale erinnern. In den schwarzen, hochpolierten Oberflächen der Leinwand spiegeln sich postsozialistische Realismen: vom Leben hart gezeichnete Gesichter treffen auf in Eile verlassene Stühle und Landschaften. Trotz der realitätsgetreuen Figuration geben seine Werke keine Antworten, sie erklären nicht, bilden nicht ab und fordern nicht auf. Sie hinterlassen vielmehr ein rational nicht greifbares Gefühl von flirrender Angst und flauem Magen als hätte man schon zu lange oder noch nicht lange genug hingesehen.

Lesung und Gespräch mit Lukas Rietzschel „RAUMFAHRER“

Freitag, 10. Juni 2022 um 19 Uhr in der Liuba Galerie Lübbenau

Lukas Rietzschel liest aus seinem aktuellen Roman “Raumfahrer”. Passend dazu werden nicht nur seine eigenen Werke, sondern auch einige originalsignierte, limitierte Plakate von Georg Baselitz zu sehen sein.

„Man hört, dass die meisten ehemaligen Bewohner jene Stelle wiederfinden würden, an der zuvor ihr Hauseingang war“ – eben jenes Zitat aus dem Roman „Raumfahrer“ ist auch der Titel des Gemäldes auf dem Buchcover, das in der aktuellen Ausstellung ‚DUNKEL‘ zu sehen ist. „Raumfahrer“ ist eine Raum- und Geschichtserkundung, eine Zeitreise, eine Annäherung zweier massiver Umbruchsphasen, der Nachkriegszeit und Nachwendezeit, die bis heute über Generationen hinweg nachwirken.

Der Protagonist Jan, Wendekind aus der sächsischen Provinz, geht aufgrund einer Kiste voller Dokumente über den bekannten Maler Georg Baselitz auf Spurensuche. Die spannende und turbulente Familiengeschichte der Kerns* verknüpft sich immer weiter mit seinen eigenen Lebenserfahrungen, mit der Trostlosigkeit seiner alltäglichen Gegenwart. Jan beginnt zu verstehen, was hinter dem Schweigen über die Vergangenheit steckt, lüftet familiäre Geheimnisse, Ängste und Wünsche, die mit den Umbruchsjahren und ihren Folgen einhergingen.

Eben jene Feinfühligkeit mit der Lukas Rietzschel seine Romancharaktere und ihre geschichtlichen Verstrickungen zeichnet, findet sich auch in seinen Gemälden wieder. Man könnte meinen, dass er in seinem imposanten Triptychon im Eingangsbereich der Galerie die Heldenbilder von Georg Baselitz in die Gegenwart holt, in das gegenwärtige Bild von Helden der Arbeit, die unter der Last der kapitalistischen Selbstverständlichkeiten ermatten.

Die Lesung in den Räumlichkeiten von Lukas Rietzschels Debütausstellung eröffnet Interessierten die Gelegenheit Gesehenes und Geschriebenes zu verknüpfen. Sie verdeutlicht die Ergänzung von Wort und Bild, das Wechselspiel zwischen Phantasie und Abbildung, Realität und Fiktion. Der Roman kann auch als Inspiration dazu dienen, Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen und über Zukunftsentwürfe in den Austausch zu kommen.

Lebenslauf

2011   autodidaktischer Beginn mit der Malerei

2011 – 2013   Fachoberschule für Gestaltung in Demitz-Thumitz

2013   Studium der Politikwissenshaften an der Universität Kassel

2016   Umzug nach Görlitz

2018   Veröffentlichung des Romans „Mit der Faust in die Welt schlagen“ (Ullstein, Berlin)

2019   Gründung des „Kulturheims“ in Görlitz, dem ersten Atelierhaus in Görlitz

2021   Veröffentlichung des Romans „Raumfahrer“, dessen Cover ein Gemälde von Lukas Rietzschel zeigt

Ausstellungen

2022
Debütausstellung in der Liuba Galerie, Lübbenau

 

Bei Instagram:

@rtzschl